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30.04.2013

Klimawandel und Wirtschaft Der Klimawandel wird sich künftig verstärkt auf die Handlungsmöglichkeiten von Unternehmen auswirken. Wie greift die Wirtschaft den Klimawandel auf?

Auswirkungen des Klimawandels auf die pflanzliche Produktion

© vschlichting/fotolia

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Die Veränderungen des Klimas haben weitreichende Folgen für den Anbau von landwirtschaftlichen Nutzpflanzen.

1. Einfluss der Temperatur

Eine höhere Jahresdurchschnittstemperatur verschiebt die Fruchtartenspektren nach Norden bzw. in höhere Lagen (UBA, 2005; PIK, 2009; DBV, 2007). Dabei wird es in Deutschland wahrscheinlich nur zu unbeträchtlichen Änderungen kommen. Es wird angenommen, dass bis 2080 Sojaanbau im Südwesten von Deutschland möglich sein wird (UBA, 2005). Darüber hinaus wird sich der Körnermaisanbau weiter nach Nord-Deutschland ausdehnen können (PIK, 2009). Gleichzeitig wird sich die Eignung für Roggen-, Hafer- und Kartoffelanbau verschlechtern (UBA, 2005).

Auf den besonders trockenen Standorten in Brandenburg ist durch eine zukünftige Temperaturerhöhung davon auszugehen, dass eine unzureichende Wasserverfügbarkeit die Erträge mindern wird. Bei Getreide geht man von einem durchschnittlichen Rückgang um 14 Prozent aus (PIK, 2009). Unbeachtet bei diesem Ertragsrückgang ist der CO2-Düngeeffekt. Auf diesen soll noch im Folgenden eingegangen werden.

Durch den Temperaturanstieg kommt es einerseits zu einer Verfrühung und Beschleunigung phänologischer Phasen und andererseits zu einer Verlängerung der Vegetationsperiode. Davon profitieren vor allem Pflanzen mit einer langen Reifeperiode, wie zum Beispiel Hirse und bestimmte Maissorten. Es gibt aber auch Kulturen, die durch steigende Temperaturen mit Ertragsminderungen reagieren werden (UBA, 2005). Durch die Beschleunigung der Wachstumsphasen wird sich bei Getreide die Kornfüllungsphase verkürzen mit den entsprechenden negativen Auswirkungen auf die Ertragsqualität und -quantität. Wintergetreide braucht für eine gute Entwicklung einen Kältereiz (Vernalisation), der durch eine Temperaturerhöhung in Zukunft vielleicht nicht mehr ausreichend gewährleistet ist (PIK, 2009).


Durch die geringeren Unterschiede zwischen Tages- und Nachttemperaturen verschlechtert sich die Qualität der Ernteprodukte (Tab. 1).

Ernteprodukte Qualitätsveränderungen
Weizen Zunahme des Stickstoffgehalts im Korn
Zuckerrübe Steigender Stickstoffgehalt behindert Kristallisation
Raps Ernteprodukte
Zuckerrübe Steigender Stickstoffgehalt behindert Kristallisation
Kohlsorten Raps

Tabelle 1: Qualitätsveränderungen der Ernteprodukte (nach PIK, 2009)

Wie sich im Einzelnen die Qualitäten der unterschiedlichen Ernteprodukte entwickeln werden bleibt abzuwarten, denn auch der steigende CO2-Gehalt in der Luft wird für Veränderungen bei den Inhaltsstoffen der Pflanzen sorgen (PIK, 2009).

Höhere Temperaturen führen im Boden zu einer erhöhten Zersetzung und Mineralisierung der organischen Substanz und damit zu einem Rückgang der Kohlenstoffvorräte im Boden und einem Verlust an Bodenfruchtbarkeit (UBA, 2005). Weiterhin besteht bei steigender Temperatur mit Wassermangel die Gefahr, dass die Böden stark austrocknen und anfällig für Winderosion werden (UBA, 2005). Durch Erosion wird fruchtbarer Boden abgetragen, der für den Pflanzenbau auf dem betroffenen Standort verloren geht.

2. Einfluss der Wasserversorgung

Klimaprojektionen für der Zukunft zeigen, dass die jährliche Niederschlagssumme in Deutschland wahrscheinlich abnehmen und sich anders im Jahresverlauf verteilen werden. Es werden vornehmlich Niederschläge im Winter fallen und weniger im Sommer. Da die landwirtschaftliche Produktion während der Frühling- und Sommermonate stark wasserlimitiert ist, geht man in Zukunft von einer Zuspitzung der Wasserknappheit aus mit den entsprechenden negativen Folgen für das Pflanzenwachstum. Bei langer Trockenheit kommt es unter anderem zu irreversiblen Schädigungen an den Wurzeln der Pflanzen (UBA, 2005).

3. Einfluss der Klimaschwankungen

Eine weitere Herausforderung stellen die Klimaschwankungen von Jahr zu Jahr und das erhöhte Auftreten von Wetterextremen dar. Die Schäden von Starkniederschlägen und Hagel sowie Hitzeextremen und Dürreperioden können nur schwer verhindert werden. Sie führten in der Vergangenheit immer wieder zu Ernteeinbußen. Möglicherweise geht von den klimatischen Schwankungen zwischen den einzelnen Jahren die größte Gefahr für die landwirtschaftliche Produktion aus. Der Pflanzenbau wird dabei besonders hart getroffen, wenn Wetterextreme in sensiblen Wachstumsphasen auftreten (UBA, 2005).

4. Einfluss des CO2-Anstiegs

Einen positiven Einfluss auf das Pflanzenwachstum hat die steigende CO2-Konzentration in der Luft. CO2 wird für den Stoffaufbau in der Pflanze (Photosynthese) benötigt. Der überwiegende Teil unserer Kulturpflanzen in Deutschland gehört zu dem Photosynthese-Typ C3-Pflanzen. Für diese ist die aktuelle CO2-Konzentration noch nicht optimal. Eine Erhöhung der CO2-Konzentration würde bei C3-Pflanzen eine Steigerung der Photosynthese und letztlich der Erträge bewirken („CO2-Düngeeffekt“). Ob dies allerdings auch langfristig der Fall sein wird, oder ob ein gewisser „Gewöhnungseffekt“ eintritt, ist noch nicht absehbar.

Für Pflanzen wie Mais und Hirse (Photosynthese-Typ: C4-Pflanzen) werden sich kaum Ertragssteigerungen ergeben, da diese Pflanzen CO2 effektiver nutzen und schon unter den heutigen Bedingungen optimal mit CO2 versorgt sind (UBA, 2005).

5. Auswirkungen der Klimaveränderung auf Krankheits- und Schädlingsdruck / Einwanderung neuer Schädlingsarten und Unkrautdynamik

Durch die Temperaturerhöhung können bestimmte Insekten mehrere Generationen pro Jahr ausbilden. Die milderen Winter begünstigen außerdem das Überleben von Wurzelparasiten und frostempfindlicher Insekten (PIK, 2009).

Die genannten Klimaänderungen wirken sich in ähnlicher Weise wie auf Kulturpflanzen auch auf Unkräuter aus. Es wird außerdem vermutet, dass die Wirksamkeit und die Aufnahme von Herbiziden durch Klimaänderungen beeinträchtigt werden könnte (PIK, 2009).

Wasser- und bodenschonende Bodenbearbeitung als Anpassung an den Klimawandel

Mit Hilfe einer standortangepassten Bodenbearbeitung ist es möglich, sich an ändernde Klimabedingungen anzupassen. Dabei sollten einige Zusammenhänge berücksichtige werden.

Landwirte können durch unterschiedliche pflanzenbauliche Maßnahmen auf verschiedene Bodeneigenschaften Einfluss nehmen. Zum Beispiel kann ein nährstoffarmer Boden gedüngt werden, um ausreichend hohe Erträge zu produzieren. Es gibt auf der anderen Seite aber auch Bodenkenngrößen, die sich nur wenig beeinflussen lassen. Der Bodenspeicher für pflanzenverfügbares Wasser ist solch eine wenig veränderbare Größe und wird vor allem durch die Korngrößenzusammensetzung und die organische Bodensubstanz bestimmt. Daher ist es einerseits wichtig, auf die Erhaltung des standorttypischen Humusgehalts des Bodens zu achten. Andererseits lässt sich der Ersatz des verbrauchten Bodenwassers durch Maßnahmen der Bodenbearbeitung beeinflussen (Bischoff, Rücknagel und Hofmann, 2010).

Konservierende Bodenbearbeitungsverfahren sowie die Direktsaat sind gekennzeichnet durch die Ausbildung einer Mulchschicht im obersten Bodenhorizont. Damit kann unproduktive Verdunstung vermindert und gleichzeitig der Oberflächenabfluss durch eine verstärkte Infiltration reduziert werden (Bischoff, Rücknagel und Hofmann, 2010). Je tiefer der Boden bearbeitet wird, desto mehr Wasser geht verloren. Auf Trockenstandorten haben sich deshalb minimale Bodenbearbeitungsverfahren (konservierende Bodenbearbeitung, Streifenbearbeitung und Direktsaat (Aussaat ohne jegliche Bodenbearbeitung)) bewährt. Auf diese Weise kann die Wasserverfügbarkeit für die Kulturpflanzen erhöht werden (SMUL, 2009).

Während des Winters wird der Boden durch die (in Zukunft wahrscheinlich noch zunehmenden) Niederschlagsmengen bis in tiefere Schichten mit genügend Wasser aufgefüllt. Dadurch können Regendefizite im Frühjahr bis zum Frühsommer kurzfristig überwunden werden. Die Wasserreserven sind umso höher, je länger eine Strohdecke den Boden vor unproduktiver Verdunstung schützt (Bischoff, Rücknagel und Hofmann, 2010).

Trotzdem kann es auf verdichtungsempfindlichen Standorten zu Problemen kommen, wenn ein jahrelang krumentief bearbeiteter Boden regelmäßig nur noch flach bearbeitet wird. Das Gefüge der ehemals bearbeiteten Krume neigt stark zur Verdichtung. Um sich einen Überblick über die Lage der Verdichtungszonen zu verschaffen, ist eine Spatendiagnose geeignet. Hierdurch kann der Strukturzustand des Bodens ermittelt werden (Bischoff, 2009). Eine flache Bodenbearbeitung oder Direktsaat ist aber auch auf verdichtungsempfindlichen Standorten möglich. Dafür müssen aber einige grundlegende Dinge berücksichtigt werden. Nach Kahnt geschieht die Lockerung des Bodens über die Pflanzenwurzeln: „Eine minimale technische Bodenbearbeitung verlangt eine intensivere biologische Bearbeitung durch Faser- und Pfahlwurzeln“ (Kahnt, 2008).

Durch den Anbau von tiefwurzelnden Leguminosen (Hülsenfrüchte) in der Fruchtfolge kann dem Problem der Bodenverdichtung teilweise begegnet werden. Darüber hinaus kann der Landwirt durch das Vermeiden von Überlockerung die Tragfähigkeit des Bodens erhöhen. Eine geringere Bearbeitungstiefe bis hin zur Direktsaat wird in jedem Fall dazu führen, dass der unbearbeitete Teil des Bodens dichter lagert. Dabei kommt es aber gleichzeitig zur Verbesserung der Tragfähigkeit des Bodens. Die höheren Lagerungsdichten sind auf strukturstabilen Lößlehmböden unproblematisch. Bei einer angepassten Fruchtfolge ist es auch möglich, diesen Boden in Direktsaat zu bewirtschaften. Einzig auf einem verdichtungsempfindlichen Sandboden ist mit Einschränkungen bei der Wasserinfiltration zu rechnen. Werden aber in der Fruchtfolge Pflanzen mit Pfahlwurzeln angebaut, kann in den tief reichenden Kanälen der verrotteten Wurzeln das Wasser schnell versickern (Kahnt, 2008). Es existieren unterschiedliche Meinungen über die optimale Intensität der Bearbeitung von Sandböden. Laut Bischoff (2009) müssen Sandböden öfter krumentief (bis 35 cm) gelockert werden. Bei diesen Böden ist besonders viel Wert auf eine bodenzustandsabhängige Lockerungs¬intensität zu legen. Die Lockerung ist dabei nur von dauerhaftem Erfolg, wenn das gelockerte Gefüge schnell und dicht durchwurzelt wird. Geeignete Früchte dafür sind Kruziferen (Kreuzblütler) sowie klein- und großsamige Leguminosen. Diese werden entweder in Reinsaat oder als Gemenge, in Zwischen- oder Hauptfruchtstellung angebaut (Bischoff, 2009; Bischoff, Rücknagel und Hofmann, 2010). Demgegenüber steht die Meinung einiger Bodenbearbeitungsexperten, dass Direktsaat überall möglich ist. Dabei ist es unerheblich, welche Bodenart an einem Standort zu finden ist. Man muss das Direktsaatsystem nur entsprechend an den Standort anpassen.

Die erfolgreiche Durchführung von Direktsaat hängt entscheidend von der Gestaltung der Fruchtfolge ab: Wechsel von Winter- und Sommerkulturen, Lockerung der Bodenstruktur durch Gründüngung, Anbau resistenter Sorten und der integrierte Pflanzenschutz (Anonym, 2009; Bischoff, 2009). Für eine erfolgreiche Direktsaat hat der Einsatz eines Totalherbizides oft keine geeignete Alternative. Der Einsatz eines Totalherbizides bewirkt ein totales Abtöten jeglichen pflanzlichen Aufwuchses. Dadurch wird auch die Nahrungsgrundlage für Schnecken und Mäuse entzogen. Somit fällt die Kontrolle von Schnecken und Feldmäusen, die in diesem Anbausystem oft zum Problem werden, leichter (Bischoff, 2009).

Da es in der Praxis oftmals schwierig ist, agronomisch geeignete Fruchtfolgen zu gestalten, sollte folgender Grundsatz beachtet werden: Das Stroh und die Stoppeln der Vorfrucht müssen umso gründlicher in den Boden eingearbeitet werden, je enger die Fruchtfolge ist und je weniger Zeit zwischen Ernte und Neueinsaat zur Verfügung steht (Bischoff, 2009).

Durch die nur oberflächlich in den Boden eingemischten Ernterückstände bei der konservierenden Bodenbearbeitung können landwirtschaftliche Flächen vor Wind- und Wassererosion geschützt werden (SMUL, 2009; Reckleben, 2010). Bei Direktsaat kann Erosion fast komplett verhindert werden (SMUL, 2009). Die oberflächlich gelegenen Pflanzenrückstände mildern die Aufprallenergie der Regentropfen ab und gleichzeitig behindern sie das Abfließen des Wassers von der Fläche und das Wirken des Windes (Reckleben, 2010). Auf diese Weise kann der Bodendegradierung entgegengewirkt werden.

Fazit und unser Ansatz in Brandenburg

Der Pflug ist vor allem in Regionen mit einem hohen jährlichen Niederschlag verbreitet. Die wendende Bodenbearbeitung schafft in erster Linie luftführende Grobporen, denn bei hohen Wassermengen im Boden, wird vor allem Sauerstoff zum limitierenden Faktor. Entsprechend ist die Direktsaat eher auf trockenen Standorten zu finden. Die konservierende Bodenbearbeitung kann man zwischen den beiden Eckpunkten Pflug und Direktsaat einordnen. Eine krumentiefe (bis ca. 30 cm Bodentiefe) konservierende Bodenbearbeitung grenzt dabei an die Wirkungsstärke des Pfluges und eine konservierende Bodenbearbeitung ohne Lockerung liegt der Direktsaat am nächsten (Voßhenrich und Brunotte, 2008).

Im Projekt „INKA BB: Klimaflexible Bodenbearbeitung“ soll vor allem auf die unterschiedlichen Strategievorschläge (zum Beispiel: dauerhafte Direktsaat auf Sandboden ja oder nein) und weitere Fragestellungen eingegangen werden, um Hinweise und Leitgedanken für die Praxis zu erarbeiten. Damit die unterschiedlichen Fragestellungen bearbeitet werden können, werden unter anderem auf Praxisbetrieben Versuche angelegt, Expertengespräche geführt und regionale „Stammtische“ zum Wissensaustausch eingerichtet. Die Ergebnisse des Projektes können auf der Plattform www.klima-bob.de eingesehen werden. Basierend auf den Erfahrungen im Projekt und dem aktuellen Stand des Wissens wurde ein Beratungssystem zur Bodenbearbeitung bei unterschiedlichen Fruchtarten entwickelt. Das System mit dem Namen „Pflug-Lotse“ richtet sich an Landwirte und ist auf www.klima-bob.de abrufbar.
 www.klima-bob.de