Zur Übersichtsseite "Dossiers"
30.04.2013

Klimawandel und Wirtschaft Der Klimawandel wird sich künftig verstärkt auf die Handlungsmöglichkeiten von Unternehmen auswirken. Wie greift die Wirtschaft den Klimawandel auf?

Analyse der Vulnerabilität von Anbausystemen

Wie verwundbar ist der Ökolandbau in Brandenburg gegenüber dem Klimawandel?

Während beim Klimaschutz globale Lösungsansätze zur Reduzierung von Treibhausgasen im Vordergrund stehen, werden für die Anpassung an den Klimawandel vor allem regionale Lösungen benötigt.

© Marco2811/fotolia

© Marco2811/fotolia

Am Leibniz-Zentrum für Agrarlandschaftsforschung (ZALF) sowie an der Hochschule für nachhaltige Entwicklung Eberswalde (HNEE) werden im Rahmen des Verbundprojektes „Innovationsnetzwerk Klimaanpassung Brandenburg-Berlin“ (INKA BB) aus dem Förderschwerpunkt „KLIMZUG – Klimawandel in Regionen zukunftsfähig gestalten“ Anpassungsmaßnahmen speziell für den Ökolandbau in der Modellregion Berlin-Brandenburg entwickelt. Bei der Anpassung an den Klimawandel steht der Ökolandbau vor der besonderen Herausforderung, Maßnahmen zu entwickeln, die auch den Richtlinien für die ökologische Landwirtschaft entsprechen, wodurch Maßnahmen aus dem konventionellen Landbau, wie beispielsweise der Einsatz von Herbiziden, nicht übertragbar sind. Während herkömmliche Klimafolgestudien sich oft auf die biophysikalischen Veränderungen des Klimawandels wie die Temperaturerhöhung und ihre Auswirkungen auf das Pflanzenwachstum fokussierten, steht bei INKA BB die Vulnerabilität (Verwundbarkeit) des Anbausystems Ökolandbau im Mittelpunkt der Betrachtung.

Die Vulnerabilität gibt an, wie anfällig ein Mensch-Umwelt-System für nachteilige Auswirkungen der Klimaänderungen ist. Der Begriff steht für ein Konzept, das nicht nur die Auswirkungen des Klimawandels betrachtet, sondern auch die sozioökonomischen Faktoren des betroffenen Systems mitberücksichtigt. Für die fachübergreifende Ökolandbauforschung ist dieses Konzept besonders geeignet. Bisher fehlen Studien, die ebenfalls fachübergreifend die Verwundbarkeit von Regionen und Anbausystemen analysieren.

Wie durch den Weltklimarat (IPCC) vorgegeben, werden in der Vulnerabilitätsanalyse im Projekt die Exposition (Betroffenheit), die Empfindlichkeit sowie die Anpassungskapazität betrachtet. Die Exposition gibt an, inwieweit das betrachtete System bestimmten Änderungen der Klimaparameter (z.B. Temperatur, Niederschlag) ausgesetzt ist. Ähnlich wie im übrigen Deutschland muss sich die Landwirtschaft in Brandenburg wahrscheinlich auf einige Änderungen einstellen. Entsprechend regionaler Klimamodelle werden für die Zukunft längere Vegetationsperioden, milde niederschlagsreiche Winter, häufiger auftretende Witterungsextreme sowie eine zunehmende Frühjahres- und Sommertrockenheit prognostiziert. Soll die spezifische Empfindlichkeit des Ökolandbaus in Brandenburg bewertet werden, gehören vor allem die Stickstoffversorgung über Futter- und Körnerleguminosen (wie z.B. Luzerne, Kleegras oder Lupinen) und der daraus resultierende hohe Anteil von Futterleguminosengrasgemenge in der Fruchtfolge zu den wesentlichen Systemeigenschaften. Hinzukommt das geringe Wasserspeichervermögen der Sandstandorte, auf denen die flächenstarken Öko-Betriebe in Brandenburg überwiegend wirtschaften.

Um die potentiellen Auswirkungen des Klimawandels auf den Ökolandbau in Brandenburg ab zu schätzen, muss die Exposition mit der Empfindlichkeit verknüpft werden. Hierfür werden Daten des regionalen Klimamodels STARS und ein am ZALF entwickeltes Ertragsprognosemodell für Futterleguminosengrasgemenge verwendet. Über diese Verknüpfung lassen sich unter anderem Ertragsprognosen bis zum Ende des 2100 erstellen. Aufgrund der wasserlimitierten Standortverhältnisse in Brandenburg werden gerade bei Futterleguminosen zukünftig häufiger Ertragseinbußen vorausgesagt. So kann der Klimawandel dazu führen, dass durch Trockenheit in Frühjahr und Sommer die Etablierung und der Aufwuchs von Leguminosen deutlich erschwert werden. Hinzu kommt, dass durch zunehmende Trockenheit besonders im Vorsommer die Stickstoffmineralisation aus Kleegrasresiduen reduziert wird, so dass den Nichtleguminosen wie Getreide weniger pflanzenverfügbarer Stickstoff zur Verfügung steht. Als Folgen dieser Entwicklung sind Ertragsverluste und Futterknappheit zu erwarten. Dringend erforderlich ist daher die Entwicklung und Erprobung neuer trockentoleranter Futterleguminosengrasgemenge.

Abb. 1: Ökolandwirte und Wissenschaftler diskutieren im Projekt INKA BB über klimaangepasste Anbauverfahren im Ökolandbau (Foto: Ralf Bloch)

Abb. 1: Ökolandwirte und Wissenschaftler diskutieren im Projekt INKA BB über klimaangepasste Anbauverfahren im Ökolandbau (Foto: Ralf Bloch)

Inwieweit die genannten Auswirkungen den Ökolandbau in Brandenburg zukünftig negativ beeinträchtigen werden, wird maßgeblich von der Anpassungskapazität der betroffenen Betriebe sowie von den gesellschaftlichen Rahmenbedingungen bestimmt. Zur letzteren Kategorie gehören Änderungen der Ressourcenknappheit und der Konsumentenpräferenzen, welche sich auf die Faktor- und Produktpreise auswirken. Die betriebliche Anpassungsfähigkeit wird vor allem durch sozioökonomische Faktoren wie Know-how, Einsatz neuer Technologien, sowie institutionelle Kapazitäten bestimmt. Aussagen zur Anpassungskapazität des Brandenburger Ökolandbaus werden über Praxisversuche gewonnen, die gemeinsam von Landwirten und Wissenschaftlern entwickelt wurden (Abb. 1).

Abb. 2: : Im Praxisversuch wird auf dem Landgut Pretschen untersucht, ob sich durch pfluglose Bodenbearbeitung die Wasserversorgung von Silomais nach Grünroggen optimieren lässt. (Foto: Ralf Bloch)

Abb. 2: : Im Praxisversuch wird auf dem Landgut Pretschen untersucht, ob sich durch pfluglose Bodenbearbeitung die Wasserversorgung von Silomais nach Grünroggen optimieren lässt. (Foto: Ralf Bloch)

So werden derzeit neue Technologien und klimaangepasste Anbauverfahren auf verschiedenen Öko-Betrieben in Brandenburg praktisch erprobt (Abb. 2). In allen Versuchen spielt die Kombination aus reduzierter Bodenbearbeitung, angepassten Fruchtarten und veränderten Aussaatterminen und Ansaattechniken eine wesentliche Rolle. Durch diese Maßnahmenkombination soll vor allem der Erosionsschutz, die Durchwurzelung sowie die Wasserverdaulichkeit der Böden verbessert werden. Als innovatives Bodenbearbeitungsgerät wurde in allen Versuche der Ringschneider von „HEKO Landmaschinen“ eingesetzt, da er eine ganzflächig wurzeldurchtrennende, gefügekonservierende Flachbodenbearbeitung bei hoher Flächenleistung gewährleistet. Erste Ergebnisse sind aussichtsreich. Besonders positiv wurde von den Landwirten bewertet, dass sich mit dem Ringschneider mehrjährige LKG-Bestände sowohl im feuchten Frühjahr als auch bei Sommertrockenheit regulieren lassen. Hieraus können sich Handlungsoptionen ergeben, die eine bessere Anpassung an den Klimawandel gewährleisten (Bodenbearbeitung im feuchten Frühjahr ohne Pflugsohlenbildung; termingerechte Etablierung von Sommerungen im Mulchsaatverfahren, Ausdehnung verfügbarer Feldarbeitstage). Stärken ergeben sich auch aus Zwischenfruchtstoppelsaaten, die in Kombination mit einer flachen Stoppelbearbeitung durch den Ringschneider unmittelbar in der Getreideernte durchgeführt wurden (Reduktion von Wasserverlusten durch die Unterbrechung des kapillaren Aufstiegs, produktive Nutzung von Restfeuchte, Erosionsschutz durch schnellere Bodenbedeckung). Damit diese Maßnahmen langfristig einen Beitrag zur Erhöhung der Anpassungskapazität leisten können, müssen sie in Planungs- und Beratungsinstrumente integriert werden. Die im Rahmen von INKA BB entwickelten Anbauverfahren fließen in einen computergestützten Anbausystemplaner ein. Es entsteht ein Beratungsinstrument, das bereits bei der Planung den Aspekt der Klimaanpassung berücksichtigt und zu einer geringeren Verwundbarkeit des Ökolandbaus beiträgt.

Ergänzendes Material zum Beitrag
Autoren
Autoren Bloch
Ralf Bloch
Institut für Landnutzungssysteme, Leibniz-Zentrum für Agrarlandschaftsforschung e. V., (ZALF)
Autoren Bachinger
Dr. Johann Bachinger
Institut für Landnutzungssysteme, Leibniz-Zentrum für Agrarlandschaftsforschung e. V., (ZALF)
Quellen