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26.01.2017

Regionale Klimamodellierung Mit Methoden der regionalen Klimamodellierung werden globale Klimadaten für einzelne Regionen räumlich verfeinert.

WETTREG

Bei der statistischen Regionalisierungsmethode WETTREG (WETTerlagen-basierte REGionalisierung) geht es um den Zusammenhang von großräumiger, von einem GCM oder RCM vorgegebenen Zirkulation (Antrieb) und dem lokalem Klima an „Stationen“, die sowohl aus einem Messnetz stammen, als auch aus einem hoch aufgelösten Gitterpunktdatensatz bestehen können. Änderungen der Häufigkeit von Zirkulationsmustern in Resimulationen des Gegenwartsklimas und in Zukunftsprojektionen werden als steuernde Faktoren für die Synthese von lokalen Zeitreihen benutzt. Es werden „projizierte Witterungsabläufe“ mit einer zeitlichen Auflösung von Tagen erzeugt, die aus Segmenten des gegenwärtigen Klimazeitraums bestehen und die Signatur eines sich ändernden Klimas beinhalten. Damit liegt eine „projizierte Klimatologie“ in der Auflösung der verwendeten Stationen/Gitterpunkte vor. Die WETTREG-Methode ist u.A. in Enke et al. (2005), Kreienkamp et al. (2007), Spekat et al. (2010), Kreienkamp et al. (2010) und Kreienkamp et al. (2011a) beschrieben, Ergebnisse mit WETTREG finden sich u.A. in Spekat et al. (2007) sowie Kreienkamp et al. (2009, 2011b). WETTREG arbeitet in drei Phasen, die nachfolgend beschrieben werden.

Phase 1: Musterdefinition

Vorbemerkung: Wenn es darum geht, durch Klassifikationen Zustände der freien Atmosphäre und die mit ihnen verbundenen meteorologischen Größen am Boden zu verbinden, sind zwei fundamental unterschiedliche Ansätze möglich:

(i) Die Größen am Boden werden zu Klassen zusammengefasst – z.B. Temperaturklassen im Abstand von 5°C – und danach werden für alle Tage, an denen ein bestimmter Temperaturbereich herrschte die Zustände der freien Atmosphäre gemittelt; dieses Verfahren heißt Environment-to-Circulation (Yarnal, 1993), denn es basiert auf einer der „Umwelt“ entnommenen Größe.

(ii) Die Zustände der freien Atmosphäre werden klassifiziert – z.B. durch eine Vielzahl mathematisch definierte Ähnlichkeitsverfahren wie Clusterung, EOFs oder durch empirische Verfahren wie die Großwetterlagenklassifikation von Hess/Brezowsky (Hess und Brezowsky, 1952; Gerstengarbe und Werner, 2005) – und danach wird für jedes so gefundene Zirkulationsmuster bestimmt, welche meteorologischen Parameter am Boden dazu gehören. Dieses Verfahren heißt Circulation-to-Environment (Yarnal, 1993), denn es bedient sich gemeinsamer Eigenschaften in der Zirkulation, um auf Bedingung der „Umwelt“ zu schließen. Einen Überblick über Klassifikationsverfahren findet sich in Philipp et al. (2010).

Für das WETTREG-Verfahren werden nach dem Prinzip Environment-to-Circulation die lokalen Messgrößen (z.B. Temperatur oder Niederschlag) nach Größen in Klassen eingeteilt. Daraus wird, wie oben erläutert, klassenweise der zugehörige Atmosphärenzustand ermittelt. Die Häufigkeit der so gefundenen WETTREG-Muster und deren zeitliche Veränderung wird in Reanalysen und in den Resultaten von GCM oder RCM-Läufen ermittelt. Das Prinzip ist in Abb. 1 dargestellt.

Abb.1: Prinzip der Generierung der WETTREG-Zirkulationsmuster. Tage, die zu einem definierten Wertebereich gehören, werden zu Komposita zusammengefasst.

Abb.1: Prinzip der Generierung der WETTREG-Zirkulationsmuster. Tage, die zu einem definierten Wertebereich gehören, werden zu Komposita zusammengefasst.

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Phase 2: Zeitreihensynthese

Vorbemerkung: Für das Verständnis des Prinzips der Zeitreihensynthese ist es zweckmäßig, sich eine Anordnung von Fächern, wie z.B. einen früher im Zeitungs- oder Buchdruck verwendeter Setzkasten, vorzustellen. In den Fächern befinden sich ausgeschnittene Segmente aus Zeitreihen des Gegenwartsklimas.

Nach diesem Setzkastenprinzip werden im Zuge der Zeitreihensynthese durch Ziehen mit Zurücklegen Segmente von Zeitreihen des Gegenwartsklimas entnommen und zu neuen Zeitreihen aneinander gesetzt. Eine solche Strategie der Zeitreihensynthese gehört zu den Wettergeneratoren (s. Abb. 2).

Abb. 2: Prinzip des Wettergenerators. Aus Witterungsabschnitten der Gegenwart werden synthethische Zeitreihen zusammengesetzt. Die Punkte stehen für regionale Tagesmittelwerte und die Farbbänder für die Temperaturbereiche, die den einzelnen Klassen zugeordnet sind.

Abb. 2: Prinzip des Wettergenerators. Aus Witterungsabschnitten der Gegenwart werden synthethische Zeitreihen zusammengesetzt. Die Punkte stehen für regionale Tagesmittelwerte und die Farbbänder für die Temperaturbereiche, die den einzelnen Klassen zugeordnet sind.

Verwendet werden Setzstücke bei denen alle meteorologischen Elemente an jeder Station sowie auch alle Stationen einer beobachteten Abfolge von Messungen entsprechen. Zentrale steuernde Größe bei der Synthese ist, dass sich in den synthetisierten Zeitreihen Segmente finden, die der geänderten Häufigkeitsverteilung der Zirkulationsmuster für den jeweiligen Zeithorizont genügen. Auf diese Weise wird die Signatur einer Klimaänderung aufgeprägt. Dabei entstehen immer dann Unschärfen, wenn die Häufigkeitsverteilung der Zirkulationsmuster in der Gegenwart sich stark von der aus den GCM/RCM-Projektionen ermittelten, unterscheidet. In Abb. 3 ist dies schematisch dargestellt.

Abb. 3: Schematische Darstellung der Häufigkeitsverteilung der Zirkulationsmuster in der Gegenwart und der Zukunft.

Abb. 3: Schematische Darstellung der Häufigkeitsverteilung der Zirkulationsmuster in der Gegenwart und der Zukunft.

Phase 3: Regressionsschritt

Per Regression werden Beziehungen zwischen atmosphärischen Größen (hier: nicht die Formvielfalt der Zirkulationsmuster) in den Zukunftsprojektionen des GCM/RCM und den lokalen Klimaparametern ermittelt.

Dadurch erfolgt ggfs. eine Korrektur der im Zuge der Zeitreihensynthese entstandenen projizierten hochaufgelösten Klimatologie. Dies geschieht aus folgenden Gründen:
a) Reduktion der in Phase 2 beschriebenen Unschärfen;
b) Möglichkeit der Bildung neuer Extreme, die bei alleinigem Verwenden von Segmenten aus dem „Gegenwartssetzkasten“ nicht entstehen könnten;
c) über den Horizont der reinen Statistikbeziehungen hinaus gibt es somit eine stärkere Anlehnung an die vom GCM/RCM projizierten physikalischen Änderungen im Klimasystem.

Beispiele für Analysen mit WETTREG

WETTREG erzeugt für jede Station/jeden Gitterpunkt eine Gruppe von 10 synthetischen Zeitreihen, die den vom antreibenden Zirkulationsmodell vorgegebenen Zeitraum, in bisherigen Studien 1961–2100, umfassen. Dabei stammen die Resultate für 1961–2000 aus den 20C-Läufen (Resimulationen des gegenwärtigen Klimas) und die Resultate für 2001–2100 aus den Projektionsrechnungen unter Antrieb eines Treibhausgas-Szenarios. Die Zeitreihen können direkt analysiert werden, beispielsweise, um abgeleitete Charakteristika des projizierten zukünftigen Klimas zu untersuchen. Ein Beispiel ist in Abb. 4 gezeigt.

Abb. 4: Kenntage (Beschreibung siehe Text) im Vergleich der Zeithorizonte 1971-2000 (blau) und 2071-2100 (rot), bestimmt aus zehn WETTREG-Regionalisierungen für die Station Hamburg-Fuhlsbüttel

Abb. 4: Kenntage (Beschreibung siehe Text) im Vergleich der Zeithorizonte 1971-2000 (blau) und 2071-2100 (rot), bestimmt aus zehn WETTREG-Regionalisierungen für die Station Hamburg-Fuhlsbüttel

Dort findet sich für die Station Hamburg-Fuhlsbüttel die Entwicklung der so genannten Kenntage (Eistag: Maximum unter 0°C; Frosttag: Minimum unter 0°C; Sommertag: Maximum über 25°C; Heißer Tag: Maximum über 30°C; Tropennacht: Minimum über 20°C; Schwüle: Dampfdruck über 18,8 hPa; Schwachwind: Windmittel unter 2m/s; Starkwind: Windmittel über 8 m/s) in der WETTREG-Regionalisierung durch die Auswertung der zehn synthetisierten Zeitreihen und die Mittelung für die 30-jährigen Zeithorizonte 1971–2000 und 2071–2100.

In Abb. 5 werden die synthetisierten Stationswerte in Kartenform dargestellt. In der Kartendarstellung wurden für rund 300 Klimastationen in Deutschland die WETTREG-Regionalisierungen ausgewertet. Für die zwischen den Stationen liegenden Kartenpunkte erfolgte eine Flächen- und Höheninterpolation. Anhand der unterschiedlichen Farbgebung ist erkennbar, welche regionalen und Szenario-spezifischen Temperaturanstiegswerte auf Grund der WETTREG-Regionalisierung erwartet werden können.

Abb. 5: Temperaturänderung in Deutschland von 1971-2000 zu 2071-2100, bestimmt mit der WETTREG-Regionalisierung, angetrieben mit dem Klimamodell ECHAM5/MPI-OM, Szenario A1B (links) und B1 (rechts)

Abb. 5: Temperaturänderung in Deutschland von 1971-2000 zu 2071-2100, bestimmt mit der WETTREG-Regionalisierung, angetrieben mit dem Klimamodell ECHAM5/MPI-OM, Szenario A1B (links) und B1 (rechts)

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Verfügbarkeit von WETTREG-Daten

Läufe von WETTREG, angetrieben mit dem GCM ECHAM5-MPI/OM sind als 20C-Daten (bis zum modellierten Jahr 2000) und als Szenarios (ab dem modellierten Jahr 2001) A1B, A2 und B1 bei der CERA-Datenbank verfügbar:
 CERA-Datenbank

Die Metadaten mit Projektinformation zur aktuellen Fassung WETTREG2010 finden sich unter:
 CERA project information for WETTREG2010

Autoren

Dr. Frank Kreienkamp
ehemals: Climate & Environment Consulting (CEC), Potsdam

Arne Spekat
Climate & Environment Consulting (CEC), Potsdam

Quellen